Erinnert ihr euch noch an die Rüpel vom Schulhof? Ich bin mittlerweile 33 Jahre alt und schon lange nicht mehr auf dem Schulhof gewesen. Für einige mag dies vielleicht noch eine gegenwärtige Erfahrung sein. Man sollte es dem Rüpel nicht übel nehmen, dass er sich auf seine eigentümliche Art und Weise beweisen möchte. Junge Männer haben oft das Bedürfnis, sich gegen andere Wettbewerber zu behaupten. Nun gibt es zwei Wege, dies zu tun: Der anspruchsvollere ist, sich positive Qualitäten und Fähigkeiten anzueignen, um sich durch diese Leistungen zu profilieren.
Einfacher ist es hingegen, falls man keine besonderen Qualitäten besitzt oder gar ein Einfaltspinsel ist, der nicht mehr kann als zu repetieren und nachzusagen, gegen andere zu sticheln und durch boshafte Anspielungen und Anmerkungen zu versuchen, ihrem Ruf zu schaden, um sich dann selbst als das Gegenteil zu brüsten.
Genau wie der Schulhofrabauke: Er hänselt und stichelt gegen andere, bezeichnet sie als Schwächlinge, um selbst als der gefürchtete Starke aufzutreten. In Wirklichkeit kaschieren diese ungereiften Charaktere nur ihre eigenen Unzulänglichkeiten und das Fehlen von echten Qualitäten, die sie mit Scheinqualitäten zu ersetzen versuchen.
Diese unreifen Persönlichkeiten reifen manchmal auch mit 30 oder 40 Jahren nicht. Im Körper eines Erwachsenen hänselt und stichelt der Rabauke auch heute noch weiter. Aber heute vielleicht im weißen Gewand und mit langem Bart. Heute möchte er als der besonders Wissende, der von Gott Auserkorene angesehen werden, der einzig Wahre, außer dem es keinen gibt.
Man sagt im Arabischen, so wie es diese selbsternannten Weisheitsverkünder oft gerne tun – ich meine, arabische Sprichwörter raushauen: „Jedes Gefäß sickert das aus, was es enthält." Auf Deutsch: Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.
Wenn dazu noch die verlogene Bescheidenheit kommt, die eine abartige Version der Augendienerei ist, dann ist das Unglück vollkommen. Hänseln, Sticheln und verlogene Bescheidenheit deuten nur auf eines hin: Es ist ein Schrei nach Aufmerksamkeit. Ein Ruf, der sagt: „Ich bin der einzig Wahre. Mich müsst ihr alle kennen. Ich habe zwar keine besonderen Qualitäten und Fähigkeiten, aber ich kann alle fertigmachen."
Auch lässt sich damit die Besessenheit von „Widerlegungen" erklären. Wenn man fortan nur noch „widerlegt", obwohl man den Sachverhalt auch ohne diesen Rahmen des Gefechts in einer positiven, aufbauenden Art und Weise hätte darstellen können. Aber da viele dieser Informationen oder Themen trivial sind und keine besonderen Fähigkeiten oder besondere geistige Intelligenz erfordern, kann man sich nicht damit profilieren. Also muss man suchen, wer oder was das Gegenteil behauptet, und dann unbedingt darauf aufmerksam machen, ob mit Namen oder ohne.
Jetzt hat das Ganze doch einen ganz anderen Beigeschmack. Jeder, der diese Art an den Tag legt – und wer sie hat, der wird sich angesprochen fühlen – sollte hierauf verzichten. Bei Allah wirst du damit nicht hervorstechen, außer als niederträchtiger, aufmerksamkeitsgeiler Schauspieler. In Deutschland musst du nicht viele Qualitäten haben, um als muslimischer Prediger, Intellektueller, Talib Ilm mit „Taufiq" oder Shaikh identifiziert zu werden. Du musst nur Gewand und Bart haben und einige arabische Floskeln kennen. Gut wäre es noch, wenn du regelmäßig arabische Bücher zeigen und demonstrieren kannst, dass du lesen kannst. Sticheln und Hänseln ist überhaupt nicht nötig.
Hinzu kommt ein weiterer bedauernswerter Aspekt: Die Zuhörerschaft neigt dazu, diese Art der Überheblichkeit und die unrühmliche Eigenschaft, über jeden und alles zu sticheln, bereitwillig zu übernehmen. Es ist, als würde man einen Virus der Arroganz freisetzen, der sich in Windeseile verbreitet.
Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) sagte:
"Allah hat mir offenbart, dass ihr bescheiden sein sollt, so dass niemand sich über einen anderen erhebt oder einem anderen Unrecht zufügt." (Sahih Muslim)
Stellt euch vor: Da sitzt eine Gruppe von eifrigen Zuhörern, die eigentlich gekommen sind, um Weisheit