Lass Kinder Kinder sein.
Vielleicht hattest du es in deiner eigenen Kindheit nicht leicht. Du hast Schmerz erfahren, vieles durchmachen müssen. Oft kam es, wie es kommen musste – nicht, weil du es so gewollt hast, und docj ist es geschehen. Es kann jetzt nur liebevoll bezeugt werden und dein Mitgefühl und deine Wärme bekommen.
Manchmal ist es schwer, dies zu akzeptieren. Doch was du willst, und was sein muss, sind oft zwei verschiedene Dinge.
Kinder jedoch haben ihren eigenen Kopf, Bedürfnisse und sind noch rein in ihrem Ausdruck. Diese entsprechen nicht immer deinen Vorstellungen und können dich Triggern. Sie müssen nicht in das Bild passen, das du für sie vor Augen hast.
Der Druck, sich an vorgegebene Normen zu halten, beginnt oft subtil – im Kleinen, im Verborgenen, im Zuhause. Hinter verschlossenen Türen wird das Fundament ihrer Persönlichkeit geprägt.
Hier entscheidet sich, ob sie Harmonie, Sicherheit und Geborgenheit empfinden oder ob sie sich entfremdet fühlen, weil sie Ablehnung erfahren – durch Liebesentzug, passive Aggressivität oder ständige Kritik. Wenn ein Kind lernt, dass seine Gefühle, Gedanken und Taten nicht willkommen sind, weil sie nicht in das von den Eltern entworfene Konzept passen, verliert es den Zugang zu seiner eigenen Essenz.
Ein Kind ist doch keine Maschine, sondern ein fühlendes Wesen. Es muss sich nicht deinen Wünschen und Bedürfnissen unterwerfen. Es sollte andersherum sein. Oft aber ist es verdreht: Kinder fühlen sich verantwortlich, wenn keine Harmonie herrscht. Sie setzen alles daran, diese durch Anpassung herzustellen, damit du, lieber Elternteil, zufrieden bist. Damit du nicht in deinem Drama versinkst, bemüht sich das Kind, alles richtig zu machen. Doch das ist verdreht. Wer ist denn wirklich für Harmonie, Liebe und Geborgenheit zuständig? Doch nicht das Kind.
Du, lieber Erwachsene, fühle wieder in dein Herz hinein. Werde weich im Umgang mit deinem Kind. Beim nächsten Mal, wenn du es ermahnen willst oder versuchst, ihm deine Vorstellungen aufzuzwingen, versuche, dich in dein Kind hineinzuversetzen. Denn in der Praxis sieht das viel mitfühlender aus, als du dir vielleicht vorstellst. Es bedeutet, dass dein Kind lernt, gesehen, wahrgenommen und ernst genommen zu werden – in seinen Gefühlen und Emotionen. Es darf nicht einfach überrollt werden von deinen Erwartungen. Stattdessen schaust du deinem Kind tief in die Augen und fragst: „Was ist gerade los? Was fühlst du? Was brauchst du?“ Vielleicht hat es Angst, Wut, Trauer, oder es wünscht sich etwas Bestimmtes.
Es geht nicht darum, dass du immer Kompromisse machst. Dein Kind muss ständig Kompromisse eingehen, um deinen Erwartungen gerecht zu werden. Vielmehr geht es darum, ihm auf Augenhöhe zu begegnen. Das bedeutet nicht, dass dein Kind tun darf, was es will – jede Süßigkeit essen, ständig fernsehen oder ununterbrochen am Handy sein. Es geht um einen liebevollen, würdevollen und respektvollen Umgang mit deinem Kind, deinem Fleisch und Blut.
Wenn du nicht in der Lage bist, dein Kind respektvoll und würdevoll zu behandeln, zeigt das, dass du dich selbst schon verlassen hast. Genau hier kannst du ansetzen. Kein Kind auf der Welt ist jemals ein Problem.
Und so wie aus dir einst ein Problem gemacht wurde, kannst du den Kreislauf durchbrechen, indem, dass du erstmal beginnst dir selbst ein liebevolles Zuhause zu geben.
Oliver Ribbert