Neue Gรถtter
Krachend stรผrzen deine Sitze
Vor des Mรถnches frevlem Beil;
Rรผste, Donar, deine Blitze,
Triff ihn mit dem Donnerkeil!
Wetter seh'n wir wohl sich ballen,
Aber ach, kein Strahl entloht;
Schiedet ihr aus Asgards Hallen,
Ahnen-Gรถtter, seid ihr todt?
Schon habt ihr den Balder zu Grabe getragen,
Mit heiรen, mit ewig erneuten Klagen;
Nun brach auf euch selber die Dรคmm'rung herein,
Das gรถtterverschlingende, schwarze Verhรคngniร;
Und lodernd als Fackel zum Leichenbegรคngniร
Verzehrt sich in Flammen der heilige Hain.
Deutet uns der Christen Mahnung,
Was die Sage halb enthรผllt?
Ward des Balderliedes Ahnung
In Mariรค Sohn erfรผllt?
Neues Reich wird er bereiten,
Der vom Tode rein erstand,
Und durch Zeit und Ewigkeiten
Waltet nun der Heliand?
Die Berge versinken, es steigen die Meere,
Die Fรผlle sie leert sich, es fรผllt sich die Leere,
Die Jahre, die Tage verwandeln die Welt;
Das heute Geborne muร morgen veralten;
Selbst Gรถtter gehorchen den dunklen Gewalten,
Und grรผnden ihr Reich, und es steht und zerfรคllt.
Fahret hin, ihr hohlen Larven!
Nimmer tรถn' euch Festgesang,
Und wir schleudern unsre Harfen
Nach in euren Untergang;
Nimmer ziemt uns mehr des frommen,
Priesterlichen Kranzes Zier;
Denn ein andrer Gott ist kommen,
Der da besser ist denn ihr.
Doch hรถrt es, ihr Enkel, wenn einst das Jahrtausend
Der Zukunft von Neuem aufgรคhrend und brausend
Zerschmettert den heute gebauten Altar,
Zerschmettert die Tempel, die ragend sich thรผrmen,
Dann nahet euch wieder ein Gott in Stรผrmen,
Dann bringt ihm die Seele, die hoffende, dar.
Denn wie auch die Form sich wandelnd
Stets ein ander Antlitz weist,
Einer ist, der ewig handelnd
Mit sich fort das Weltall reiรt.
Bild ist, wie er uns erscheine,
Ach, wer spricht sein Wesen aus;
Doch in unsres Busens Reine
Steht sein unvergรคnglich Haus.
-Arthur Heinrich Wilhelm Fitger, 04.10.1840 in Delmenhorst โ 28.06.1909 in Horn bei Bremen-
@DeutscheDD