Mit diesem “Ostara-Wasser“ besprenkelte man sich in Lebensfreude gegenseitig, oft taten dies im heitern Spiel die Jungs mit den Mädchen, denn als Männer werden sie später einmal ihre Frauen minnen.
Einem christlich konditionierten Menschen ist freilich ein solch positiv-heiterer Umgang mit dem, was heutzutage, gefühlsabgespalten, Sexualität genannt wird, kaum vorstellbar. Bei unseren indigenen Ahnen befinden wir uns aber in einer Kultur der Minnereligion, wozu ich künftig noch Wichtiges schreiben werde. In ihrer Kultur, in ihren Gesellschaften, gab es weder Mißbrauch, noch Vergewaltigung, da Sinnlichkeit mythisch-spirituell gelebt wurde und keine „sexuelle“ Frustration, noch ein Zölibat oder frigider Gefühlsgeiz vorherrschten.
Ein weiterer Brauch zur Ostara-Zeit war, am frühen Morgen nach den Zugvögeln Ausschau zu halten, vermutlich um aus ihrem Flug gute Omen fürs Jahr zu empfangen. Wenn Vögel und Hühner nach langer Winterzeit nun wieder damit begannen Eier zu legen, so wies dies untrüglich darauf hin, daß der Frühling mit seiner erneuernden Fruchtbarkeit begonnen hatte und Ostaras morgenrötliche Wärme in die Welt gekommen war. Sie hatte dazu im Himmel die Sonnenstrahlen des Sonnengottes - durch ihr Wesen ins weiblich Rötliche wandelnd - aufgefangen. Leben in der Welt wird im germanischen Denken immer durch das minnigliche Zusammenwirken von weiblichen und männlichen Gottheiten gewirkt, die sich in den Naturkräften ausdrücken.
Darum gab es bei unseren germanischen Vorfahren zu Ostara auch kultische Ballspiele, in denen der Spielball den Sonnenball symbolisiert. Auch spiralförmige Reigentänze sind überliefert, in denen die Tänzer mit der Spirale die aufbauende Grundstruktur der Natur nachempfanden. Demgemäß findet sich schon in der Bronzezeit auf Frauen-Kleidung an den beiden Stellen der Brüste spiralförmige Muster aufgetragen, welche die lebennährende Brust der Frau als Göttinnen-Attribut anzeigt und verehrt.
Zu Ostara wurden zudem die Anbau-Felder der Dörfer anhand eines Segnungsrituals, der sogenannten Feldweihe, für ein neues Erntejahr vorbereitet. Hierfür wurden die bekannten Osterfeuer, oder vielmehr Ostara-Feuer, auf allen Hügelkuppen im Land entzündet. Sämtliche Äcker, von denen aus jene heiligen Feuer gesehen werden konnten, waren dadurch von den in der Natur wirkenden Götterkräften beschützt. Im Anschluß wurde die Asche des großen Ostara-Feuers über die Felder gestreut, was deren Fruchtbarkeit mehrte. Vielerorts rollten zusätzlich in Brand gesetzte Oster-Räder die Hänge hinunter, womit man die männlich-solare Sonnengott-Kraft unmittelbar auf die weibliche Erde herabbrachte, was diese auflud und zudem von Schädlingen im Boden reinigte. Das hierzu verwendete Rad, das man sich als Sonnenrad dachte, war ein reichlich mit Stroh und Zweigen umwickeltes Wagenrad. Flammend rollte es von den hohen Hügeln und Bergkämmen zu Tal.
Auch noch heutzutage wird die Feldweihe recht oft vollzogen. Wie zu germanischer Zeit werden dazu an den vier Ecken der abgeschnittenen Felder als kleine Geschwister der Himmelsrichtungen heilige Kräuter, wie etwa die Schlüsselblume, oder aber Weidenbaumäste mit jeweils einer Kerze in den Boden gesteckt. Heilige, mitunter mit den Walküren verbundene Frauen, brachten Runenzeichen auf den Feldern aus, tanzten oder ritten in heiliger Art über diese Felder, dem Land damit (ihre) Fruchtbarkeit bringend. Dergleichen klingt unter anderem in einem Lied der Edda deutlich an, in dem einen solchen weihevollen Ritt drei Mal neun Walküren tun, die damit die Erde mit ihrer Göttinnenkraft aufladen.
Das Wissen, welches in diesem kurzen Essay vermittelt wird, müßte eigentlich für jeden, der dazu gewillt ist, dafür ausreichend sein, das Fest mit seinen Lieben als das „Fest der Göttin Ostara“ begehen zu können. Meines Erachtens ist eine Wiederbelebung dessen überaus wichtig, da wir dadurch als Menschen wiedergewinnen, was uns in unserer Zivilisation mit erheblichen Folgen verlorengegangen ist: Ein sinnhaft erlebbares Verbundenheitsgefühl mit der uns umgebenden natürlichen Welt, aufgrund eines Gespürs für