Gleich zwei „Portrait“-Beiträge über Kanzlerkandidaten kamen heute Abend, also kurz vor der Bundestagswahl: Einmal über Robert Habeck, und dann in selber Länge über Alice Weidel. Nun mag man politisch so oder so denken. Mir geht es - als Journalist und Medienethiker - hier nicht um die politische Überzeugung oder Ausrichtung, sondern um die Frage, ob man der journalistischen Sorgfaltspflicht im Dienste des mündigen Medienkonsumenten gerecht wurde oder eben nicht.
Die enttäuschende, aber nicht ganz überraschende Antwort lautet: Mitnichten! Das wundert zwar nicht ganz, wenn man erfahren konnte, wie das ZDF offensichtlich gerne linkes und linksgrünes Publikum bei sogenannten Klartext- und Wahlarenen-Sendungen „einkauft“, doch es ist erschreckend, weil die sogenannten Öffentlich-Rechtlichen, die mit sehr viel unfreiwillig eingeholtem Geld bestens finanziell gepampert zu sein scheinen, ja eigentlichen einen Auftrag zur Information haben. Eigenhtlich.
Doch bei diesen beiden Filmen über Habeck und Weidel fehlte jeder Versuch einer Fairness oder gar der gebotenen Unabhängigkeit. Habeck wurde liebedienerisch verklärt, jeder Versuch einer Kriktik oder einer wirklich kritischen Nachfrage wurde akribisch vermieden. Aber in Bild und Ton und Kameraführung schien - im übertragenen Sinne - das Weihrauchfass volle Pulle mitzuschwingen.
Bei Weidel wurde erst gar nicht der Versuch, etwas Positives zu finden, gewagt. In Bild und Ton und Kameraführung suchte man wie besessen nach Negativem, nach Unglaubwürdigem, nach Patzern. Fairness? Fehlanzeige! Unabhängigkeit? Fehlanzeige? Manipulation der maximalsten Art? Volltreffer!
Am Ende konnte man sich als politisch Interessierter eigentlichen nur noch fragen, ob es sich vielleicht gar nicht um Filme von echten Journalisten handelt, sondern um zwei Filme, die als Wahlwerbung in der Parteizentrale der Grünen produziert wurden. Aber auch das verwundert ja bei den teuren Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr wirklich, wo wir doch wissen, dass deren „journalistischer“ Nachwuchs - fernab von Unabhängigkeit und journalistischen Idealen? - fast ausschließlich grün, links und rot tickt.
Wie soll man da dann noch wissen oder lernen, dass es um möglichst unabhängigen Journalismus gehen sollte - und eben nicht um Propaganda und Infiltration. Oder sollte ich „betreutes Denken“ sagen? Mit wirklichem Journalismus jedenfalls hat so etwas nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Schade. Und traurig. Meine Zunft scheint vieles vergessen zu haben. Und das ist alles andere als gut für unsere Demokratie.
Martin Lohmann