Ich war, als ich jung war, ein kriminelles gewalttätiges Arschloch. Ich hab Leute geschädigt, sie verletzt, beraubt und ich log und betrog, was das Zeug hielt. Bis zu dem Zeitpunkt, wo ich mit mir selbst nicht mehr klar kam und der Selbsthass mich beinahe aufgefressen hatte. Ich fühlte tief in mir, dass ich etwas ändern musste, um nicht drauf zu gehen.
Kurz, ganz kurz nur, wandte ich mich dem Christentum zu, doch ich stellte schnell fest, dass dies nicht mein Weg sein konnte. Als Lügner konnte ich die Lügen anderer erkennen und so war ich gezwungen, mir einen Weg zu suchen, der zu mir passte. Einen radikalen Weg ohne Kompromisse und ohne Ausreden.
Kaum der Jugend entwachsen betrat ich also den mir einzig verbliebenen Weg. Ich packte meine Zahnbürste und ein Handtuch ein und begab mich auf die Hauptpolizeiwache in Zürich und zeigte mich selber an. Obwohl es zunächst schwierig war, mein Anliegen zu erklären, gab es dort Menschen, die mir zuerst ungläubig zuhörten, mich aber schlussendlich ernst nahmen.
Und so berichtete ich von all den Taten auf Leib und Leben, von meinen kriminellen Machenschaften und den Lügen, die mein Leben bis dahin bestimmten. Ich gab mich dem vollständig hin und ließ nichts aus. Bis ins kleinste Detail erzählte ich, was ich getan hatte, bereit alle Konsequenzen auf mich zu nehmen. Ich war bereit ins Gefängnis zu gehen um für das zu büßen was ich getan hatte. Meine Zahnbürste war mein Zeuge.
Doch wider Erwarten wurde ich nach Hause geschickt. Die Polizei setzte sich mit den von mir Geschädigten in Verbindung und sprach mit ihnen. Ich erwartete einen Gerichtstermin und eine hohe Gefängnisstrafe. Doch es kam schlussendlich ganz anders. Alle Geschädigten haben auf Grund meiner Selbstanzeige ihre Anzeigen zurück gezogen und nur eines meiner Opfer verlangte eine schriftliche Entschuldigung. Ich wurde weder verurteilt, noch hatte ich eine Strafe ab zu sitzen. Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass mir alleine durch meine Offenheit und Konsequenz Vergebung zu Teil wurde.
Es ist mir unmöglich in Worten zu beschreiben, wie es sich anfühlte, eine solche Last los zu werden und wie sich seither mein Denken und damit auch mein ganzes Leben, in all den Jahrzehnten bis heute, veränderte.
Ich schreibe diese meine Geschichte hier auf, um mit meinem Beispiel denen zu dienen, die sich noch nicht für die gute Seite entschieden haben. Man kann vieles wieder in Ordnung bringen, wenn man konsequent und bereit ist, zu sich selbst und zu den Dingen zu stehen die man getan hat. Es braucht eine Entscheidung.
Meine Entscheidung habe ich zu keiner Zeit und in keiner Weise bereut. Ich wäre heute ein anderer Mensch, wenn ich es nicht getan hätte - und dieser Mensch hätte mir nicht gefallen.
Mfg Chnopfloch